Weil die Studierenden den Herren Direktoren gerne Schnurrbärte malten und die Porträts deswegen aufwendig restauriert werden mussten, hängte man sie erst um und in unseren Tagen hoch – quasi außer Reichweite für expressive, kreative Kritik am Lehrkörper. An den Porträts lässt sich auch der Zeitgeist und Medienwandel trefflich studieren. Die Galerie beginnt mit Leinwandporträts in Öl, symbolträchtig mit Zepter, Amtskette und Talar und endet mit fotografischen Schwarzweiß-Studien im Businessanzug und Wechselrahmen. Auch Rektoren sind eben „Kinder ihrer Zeit“. Es begegnen uns zum Beispiel Robert Otzen (1872-1934, Amtszeit 1913-1915). Der Professor für Massivbau soll in Anlehnung an das Wort „Eisenbahn“ den Begriff „Autobahn“ anstelle des bis dahin verwendeten Begriffs „Nur-Autostraße“ geprägt haben. Der Architekt Karl Mohrmann (1857-1927, Amtszeit 1911-1913) entwarf die Bethlehemkirche in Linden und auch die im norwegischen Stil entworfene Gustav-Adolf-Stabkirche in Hahnenklee. Mathematiker, Ingenieure, Agrarwissenschaftler, Ökonomen und Juristen finden sich unter den Rektoren und Präsidenten. Ihre Porträts machen die Kontinuität der Leibniz Universität sichtbar. Die wechselvolle Geschichte hatte aber auch Schattenseiten. Heute erinnert eine Gedenktafel an Täter und Opfer des Nationalsozialismus.
Wegen eines fehlenden „Ariernachweises“ seiner Ehefrau und Vorbehalten der NSDAP-Gauleitung verzögerte sich das Habilitationsverfahren des Bauingenieurs Alfrich Pflüger (1912- 1989, Amtszeit: 1968/69). Trotz seiner Dozentur trat er nicht dem Nationalsozialistischen Deutschen Dozentenbund bei und aus der NSDAP (NSKK) wieder aus. Wenn auch noch keine Heldentat, in diesen Zeiten ein seltenes Zeichen von Regimekritik und Widerspruch.
(Text: Dr. Ariane Walsdorf)