Adventskalender - Ausgabe Nr. 12 / 2024

Ein Exklusivinterview
mit Gottfried Wilhelm Leibniz

Im Jahr 2006, anlässlich des 175. Universitätsjubiläums, wurde die Universität Hannover in Gottfried Wilhelm Leibniz Universität umbenannt. Im Leitbild der Universität ist das Profil der Hochschule mit besonderem Bezug zu Leibniz verankert. Die Verbindung zu Leibniz spiegelt sich auch im Logo und im Leitwort der Universität „Global denken, interdisziplinär forschen: Leibniz leben!“ wider. Erstmals wird der Universalgelehrte selbst hierzu exklusiv interviewt:

Herr Leibniz, Sie sitzen hier heute als Namenspatron der Leibniz Universität. Können Sie den Leserinnen und Lesern kurz erklären, für was Sie denn der ausgesprochene Experte sind?

Leibniz: Eigentlich für alles.

Sie sind also eine Art „Allrounder“.

Leibniz: Genau!

Wie gefällt es Ihnen, dass heute eine Universität in Hannover nach Ihnen benannt ist?

Leibniz: Das wurde auch höchste Zeit! Besonders, nachdem die Berliner Universität nicht meinen Namen, sondern den der zwei Kollegen Humboldt erhielt. Ich meine, wir wollen ehrlich sein, Wilhelm und Alexander waren nur Mitglieder der Akademie der Wissenschaften in Berlin, ich habe sie überhaupt erst gegründet und war ihr erster Präsident. Das Motto „Theoria cum praxi“, das Prinzip von Ursache und Wirkung, die Seidenraupenzucht zur Finanzierung der Forschung – alles von mir! (Scrollt in seinem Handy und lacht) Und mittlerweile – wenn ich das ergänzen darf – ist auch ein Pinguin nach Alexander von Humboldt benannt.

Solche Benennungen sind doch eine schöne und ehrenvolle Sache. Nebenbei: Machen Sie sich etwas aus Buttergebäck?

Leibniz: Nein, ich bin Veganer.

(Kurzes Schweigen)

Herr Leibniz, kommen wir zurück auf Ihr Werk. Sie sagten einst, wir leben in der „besten aller möglichen Welten“. Wie ist das zu verstehen?

Leibniz: Die Welt ist zweifellos herausfordernd, manchmal sogar absurd kompliziert – ich würde das nicht bestreiten! Aber stellen Sie sich vor, Sie wären Gott und müssten unter unendlich vielen Möglichkeiten eine Welt zusammenstellen. Besser ginge es wohl nicht. Glauben Sie mir, selbst ein Allmächtiger hat seine Schwierigkeiten mit diesem kosmischen DIY-Projekt. Das bedeutet nicht, dass wir das Böse in der Welt akzeptieren oder gutheißen sollen. Im Gegenteil: Gerade durch das Streben nach Erkenntnis und Vernunft wird es dem Menschen möglich, das Gute zu schaffen und die Welt aktiv zu verbessern. Also, anstatt sich über den Zustand der Welt zu beklagen, machen Sie es wie ich: Selber denken, Gutes denken und danach handeln!

Sie haben das binäre Zahlensystem erfunden. Es befindet sich auch im Logo der Leibniz Universität. Konrad Zuse hat auf der Basis Ihrer Erfindung den ersten funktionsfähigen Computer gebaut. Wie fühlt es sich an, dass Ihre Theorie heute in jedem Rechner eingesetzt wird?

Leibniz: (lacht) Ich hätte Lizenzgebühren nehmen sollen! Guter Typ, der Zuse. Dem wollten sie ja erst gar kein Patent auf seine Maschine geben. Die „Erfindungshöhe“ sei nicht hoch genug. (Lacht) So ist es ja oft: Gute Forschungsideen bekommen trotzdem keine Förderung. Natürlich war mir von Anfang an klar, dass ich mit der Dyadik und wie man damit rechnet etwas Großes entdeckt hatte: Die 0 und 1 lassen sich leicht durch mechanische Zustände oder elektrische Signale darstellen. Sonst würden wir heute alle noch mit Rechenschiebern dasitzen.

Man hört, Sie sind ja auch gerne auf Reisen. Zu welchen Orten reisen Sie denn besonders gerne?

Leibniz: Ja, ich habe fast die Hälfte meines Lebens aus dem Schrank-Koffer gelebt. Ich empfehle das Kuren in Karlsbad, aber auch den schönen Harz. Dort kann man z. B. heute auf dem Leibniz-Erkenntnisweg wandern und sich über meine Verbesserungen im Silberbergbau und Nachhaltigkeitsstrategien die Wasserhaltung betreffend informieren. Sehr empfehlenswert!

Was haben Sie denn heute noch vor?

Leibniz: Heute besuche die noch die Sonderforschungsbereiche der Universität. Helfe hier und da etwas aus, ich bin ja Universalgelehrter! Und natürlich schaue ich dem Kollegen Christian Ospelkaus über die Schulter und gebe ein paar Tipps für seinen Quantencomputer. Seine Ionenfalle können Sie übrigens in der Leibniz-Ausstellung im Welfenschloss sehen. Sie steht neben dem Nachbau meiner erdachten, binären Rechenmaschine. 350 Jahre Rechentechnik, die die Welt verändert haben und werden, stehen dort nebeneinander. Darauf bin ich schon recht stolz! Diese Ausstellung ist ja ganz gelungen, aber kann natürlich nur einen kleinen Bruchteil aller meiner Erfindungen und Forschungsgebiete zeigen. Da könnte man ja insgesamt durchaus noch mehr machen.

Herr Leibniz, Ihr internationaler Gelehrtenbriefwechsel ist 2007 in das UNESCO Weltdokumenten­erbe aufgenommen worden. Manche Forscherinnen und Forscher werfen Ihnen allerdings vor, dass Sie als „Allrounder“, wie Sie sich selbst bezeichnen, vieles begonnen und manches nicht zu einem Ergebnis geführt haben.

Leibniz: Ach so, ja, das kann daran liegen, dass ich meine Kladde immer bei mir trage – wissen Sie, mein wichtigstes Notizbuch mit Antworten auf alle Fragen, die das Universum und die menschliche Existenz betreffen. Das würde ich natürlich niemals aus der Hand geben, ein echtes Meisterstück! Ich bin gerade dabei, eine große Publikation vorzubereiten.

Sehr geehrter Herr Leibniz, darauf sind wir sehr gespannt. Wir danken Ihnen für dieses Gespräch!

Das Gespräch führte Dr. Ariane Walsdorf.