Wissenschaftliche Forschung und wissenschaftliche Expertise sind in den vergangenen Jahren immer mehr Teil gesellschaftlicher Diskussionen und Grundlage von gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen geworden. Der "wissenschaftliche Blick" ist auch im Alltag oft präsent, der Begriff der "Wissensgesellschaft" verdeutlicht diese Entwicklung. Gleichzeitig sind einerseits immer noch sehr viele Menschen von diesen Diskursen ausgeschlossen und haben nicht die Möglichkeit, von Erkenntnissen zu profitieren oder an ihnen teilzuhaben. Andererseits gibt es Bewegungen in der Gesellschaft, die die Bedeutung von Hochschule und Wissenschaft generell in Frage stellen und ihren steigenden Einfluss ablehnen.
Hier setzt das "Forum Wissenschaftsreflexion" an. Der Forschungsbau der Leibniz Universität Hannover, der in den kommenden Jahren in Hannovers Nordstadt entstehen wird, wird der interdisziplinären wissenschaftsreflektiven Forschung einen Ort geben. Die Spannungsfelder, zwischen denen sich Wissenschaft positionieren und behaupten muss, sind enorm und bedürfen der Analyse - das schließt die Reflexion über die eigenen Strukturen und Verfasstheit ein. Die Fragestellungen des Forschungsschwerpunkts der LUH sind interdisziplinär ausgerichtet und werden im Kern von der Philosophie, der Soziologie, der Politik-, Rechts- und Volkswirtschaftslehre betrachtet und von weiteren Disziplinen wie Geschichtswissenschaft, Verwaltungswissenschaft, Linguistik, Literatur- oder Kulturwissenschaft ergänzt.
Das Unimagazin gibt einen Einblick in das entstehende "Forum Wissenschaftsreflexion". Nach einer umfassenden Einleitung in das Thema widmet sich ein erster Teil den Ergebnissen der Studierendenforschung und erläutert beispielsweise Wege an die Hochschule und fragt, warum Kinder von Nicht-Akademikerfamilien nach wie vor seltener studieren.
Anschließend werden epistemische und ethische Erkundungen zu so unterschiedlichen Themen wie "Corona als Jahrhundert-Herausforderung", der Diskriminierung von speziellen Bevölkerungsgruppen durch Algorithmen oder der strukturellen Entwicklung von Hochschulen dargestellt.
Im dritten Teil nehmen die Autorinnen und Autoren gesellschaftliche und wissenschaftsinterne Widersprüche auf. So wird die Infragestellung wissenschaftlichen Wissens in den Blick genommen ebenso wie der Vorschlag, Drittmittel in der Forschung per Losverfahren zu verteilen.
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Die Inhalte des Magazins
- Eva Barlösius/Torsten Wilholt
Was ist, was will und wozu braucht es Wissenschaftsreflexion?
Eine Einleitung
ERGEBNISSE AUS DER STUDIERENDENFORSCHUNG
- Stephan Thomsen/Johannes Trunzer
Ökonomische Analyse der Bologna-Reform
Methodische Überlegungen - Christian Imdorf/Nadine Bernhard/Nadine Dörffer
Wege an die Hochschule
Können berufliche Schulen Zugänge zu einer akademischen Bildung sozial öffnen? - Sandra Buchholz/Monika Jungbauer-Gans
Soziale Herkunft hat starken Einfluss
Warum Kinder aus Nicht-Akademikerfamilien seltener studieren
EPISTEMISCHE UND ETHISCHE ERKUNDUNGEN
- Dietmar Hübner/Uljana Feest/Mathias Frisch
Big Data, Machine Learning
- und diskriminierende Algorithmen? - Thomas Reydon
Aspekte evolutionären Denkens in der interdisziplinären Forschung
Eine Analyse aus der Wissenschaftsphilosophie - Mathias Frisch/Philippe van Basshuysen
Die "Jahrhundert-Herausforderung" Corona
Ethische und wissenschaftsphilosophische Aspekte
NEUE FORSCHUNGSPERSPEKTIVEN
- Nils Hoppe/Matthew Sample
Wissenschaftsreflexion und Normativität
Neues Forschungsfeld soll Beitrag zur gesellschaftlichen Diskussion liefern - Leonie Weißenborn
Was man aus ''institutional research'' lernen kann
Am Beispiel der Forschung zur Einführung des Tenure-Track-Verfahrens - Anna Kosmützky
Konkurrenz und Kooperation in der Wissenschaft
Traditionelle Muster und moderne Formen wissenschaftlicher Wissensproduktion
GESELLSCHAFTLICHE UND WISSENSCHAFTLICHE WIDERSPRÜCHE
- Eva Barlösius/Eva Ruffing
Drei Formen der Infragestellung wissenschaftlichen Wissens und wissenschaftlicher Expertise
Eine Heuristik - Axel Philipps
Lotto in der Wissenschaft
Zur Idee, Drittmittel für Forschungsvorhaben zufällig zu verteilen - Roni Deger
Binnendifferenzierung der Professur
Interdisziplinäre Analysen zum Hochschulrecht und hochschulischer Praxis - Vitus Püttmann/Stephan Thomsen
Zwischen externen Erwartungen und Risiken
Die Beteiligung von Wissenschaftler*innen am öffentlichen Diskurs
Hinweis an die Redaktion
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