Entscheidender Schritt in der Medizintechnik: Eine am Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) der Leibniz Universität Hannover (LUH) entwickelte Knochensäge mit neuartiger, innenliegender Kühlung soll Infektionen und Gewebeschäden bei Operationen verhindern. Zahlreiche chirurgische Eingriffe, etwa die Implantation von Knie- und Hüftgelenken, erfordern den Einsatz oszillierender Knochensägen. Nachoperative Misserfolge entstehen häufig durch thermisch ausgelöste Gewebeschädigungen, die durch die Wärmeentwicklung während des Zerspanprozesses bei der Operation entstehen. Diesem Problem wird derzeit mit sequentiellem Arbeiten sowie einer von außen zugeführten Kühlung mit Kochsalzlösung begegnet. Dabei steigt jedoch das Risiko einer Infektion.
Das Projekt "Sägen ohne Schäden" am IFW - ein weiteres wegweisendes Projekt in der Biomedizinforschung und -technik, einem der Forschungsschwerpunkte der Leibniz Universität - hat das Ziel, die Risiken einer Gewebeschädigung sowie einer Infektion zu senken. "Wir entwickeln mit Hilfe der additiven Fertigung ein Werkzeug mit innenliegenden geschlossenen Kühlkanälen", erläutert Projektmitarbeiterin Sarah Busemann.
Allein in Deutschland werden jährlich weit mehr als 400.000 Hüft- und Knieendoprothesen implantiert - Tendenz steigend. Wie jede Operation birgt auch die Implantation einer Endoprothese Risiken. Neben allgemeinen Risiken wie Blutungen und Thrombosen kann es bei einer solchen Operation auch zu einer postoperativen Lockerung des Implantats kommen, beispielsweise durch Infektionen oder so genannten Osteonekrosen, dem Absterben von Knochenabschnitten. Diese Komplikationen können durch den spanenden Sägeprozess entstehen, der notwendig ist, um erkranktes oder störendes Knochenmaterial zu entfernen.
Zum Einsatz kommen handgeführte, oszillierende Knochensägen. Die bei der Reibung zwischen Knochen und Sägeblatt entstehende Wärme überschreitet dabei den physiologisch unkritischen Bereich (> 42 Grad Celsius) und führt somit zu Schäden im Gewebe. Die gängigen Methoden der Reduktion der thermischen Belastung - sequentielles Arbeiten und von außen zugeführte Kühlung mittels Kochsalzlösung - erhöhen das Risiko einer Infektion. Darüber hinaus reichen diese Methoden nicht aus, um die Gefahr einer thermisch ausgelösten Osteonekrose auszuschließen.
Bislang gab es aus technologischer Sicht keine Möglichkeit, die sehr dünnen, konventionell verwendeten Sägeblätter (0,9 bis 1,5 Millimeter) mit einem innenliegenden Kühlkanalsystem auszustatten. Inzwischen bietet aber die Technologie des Metall-Laserschmelzens die Möglichkeit, nahezu jede Geometrie zu fertigen. Hier setzt das Projekt "Sägen ohne Schäden" an. Gemeinsam mit den Industriepartnern Bionic Production GmbH und Gebr. Brasseler GmbH wird die additive Fertigungstechnologie eingesetzt, um Sägeblätter mit innenliegenden geschlossenen Kühlkanälen zu entwickeln und zu realisieren.
Versuche an Kunstknochen mit konventionellen Sägeblättern zeigen, dass es partiell zu Temperaturen von über 100 Grad Celsius kommen kann. "Die Ergebnisse unserer Fluidsimulationen und Analogieversuche an ersten gedruckten, mit Kühlkanälen versehenen Sägeblättern sind vielversprechend. Wir konnten die Temperaturen in einen physiologisch verträglichen Bereich senken", sagt Sarah Busemann. In weiteren Simulationen und Einsatzversuchen der Sägeblätter wird nun in Zusammenarbeit mit den Partnern das "optimale" Sägeblatt mit der erforderlichen mechanischen Stabilität und der notwendigen Kühlleistung entwickelt.
Hinweis an die Redaktion:
Für weitere Informationen steht Ihnen M. Sc. Sarah Busemann, Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen, unter Telefon +49 511 762 18279 oder per E-Mail unter busemann@ifw.uni-hannover.de gern zur Verfügung.