Wie lösen Gesellschaften in Lateinamerika Krisen? Ob politische Unruhen, die extreme Schere zwischen Arm und Reich, die Abholzung der Amazonaswälder oder die Androhung einer Mauer zwischen den USA und Mexiko - die Länder Lateinamerikas sind mit schwerwiegenden Problemen konfrontiert. Mit diesen Themenbereichen befasst sich das Verbundprojekt CALAS (Center for Advanced Latin American Studies), das nach einer erfolgreichen Evaluation jetzt in seine Hauptphase startet. Das Verbundprojekt wird mit zwölf Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Seit 2017 bauen deutsche und lateinamerikanische Universitäten unter der Koordination der Universität Bielefeld die Strukturen für das internationale Forschungskolleg auf. Die Leibniz Universität Hannover ist mit Prof. Christine Hatzky vom Historischen Seminar und dem Centre for Atlantic and Global Studies beteiligt - von deutscher Seite sind außerdem noch die Universitäten Kassel und Jena Teil des Verbunds.
Der Hauptsitz des Center for Advanced Latin American Studies liegt im mexikanischen Guadalajara. Außer der Universität Guadalajara sind die Regionalstandorte San José (Costa Rica), Quito (Ecuador) und Buenos Aires (Argentinien) am Verbundprojekt beteiligt. Nach der zweijährigen Vorphase (Förderung: eine Million Euro), in der die Strukturen für das internationale Center aufgebaut wurden, startet nun die sechsjährige Hauptphase. Es ist das umfangreichste Forschungsprojekt zu Lateinamerika, das mit Mitteln aus Deutschland gefördert wird.
Im Wechsel werden bis zu 25 internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Arbeits- und Forschungsgruppen in Guadalajara und an den Regionalzentren zusammenkommen, um sich einer spezifischen Fragestellung zu widmen. Die Forschenden kommen aus unterschiedlichen Regionen und verschiedenen Disziplinen der Geistes- und Sozialwissenschaften. Geplant sind zudem Postgraduiertenprogramme sowie internationale Konferenzen und Workshops in Lateinamerika und Deutschland.
Die Leibniz Universität ist maßgeblich am Laboratory of Knowledge ("Wissenslabor") innerhalb des CALAS-Projekts beteiligt, das Übergänge von Gewalt und Frieden in Lateinamerika erforscht. Prof. Christine Hatzky und Prof. Wolfgang Gabbert (beide Leibniz Universität Hannover) leiten das Teilprojekt gemeinsam mit Prof. Joachim Michael (Universitität Bielefeld), Prof. David Diaz und Prof. Werner Mackenbach (beide Universität Costa Rica). "Unser Ziel ist es, die in Lateinamerika versammelte Expertise über dortige Gewaltphänomene und Konfliktregelung mit Forscherinnen und Forschern aus Deutschland zusammenzubringen und dabei eine ganz neue Dimension wissenschaftlichen Austausches zu schaffen und neue Lösungsansätze zu diskutieren", sagt Prof. Hatzky.
Ein weiteres Projekt innerhalb der Hauptphase von CALAS befasst sich etwa mit der Frage, wie lateinamerikanische Staaten mit Umweltkrisen umgehen (Leitung: Universität Bielefeld). Andere Themenbereiche sind "Soziale Ungleichheiten und ihre Herausforderungen" oder "Regionale Identitäten/Identitätsbildungsprozesse". Außerdem wurde in der Vorphase bereits eine spanischsprachige Essayreihe und ein Verlagsnetzwerk lateinamerikanischer Partner in Kooperation mit Bielefeld University Press etabliert. Beides wird in der Hauptphase fortgesetzt.
CALAS wurde innerhalb der BMBF-Förderlinie zum weltweiten Aufbau von "Maria Sibylla Merian Zentren" bewilligt. Mit diesen Forschungskollegs will das Ministerium die Internationalisierung der Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften in Deutschland durch enge bi- und multilaterale Kooperationsprojekte an Standorten außerhalb Deutschlands voranbringen. CALAS wurde 2017 als zweites Zentrum in Deutschland innerhalb dieser Förderlinie bewilligt.
Hinweis an die Redaktion:
Für weitere Informationen steht Ihnen Prof. Christine Hatzky, Historisches Seminar, per E-Mail unter christine.hatzky@hist.uni-hannover.de gern zur Verfügung.