Gottfried in a Nutshell #2

Dienstreiseantrag abgelehnt: Leibniz im Homeoffice...

Fernweh, wer kennt es nicht? Die Sehnsucht zu Reisen, die Suche nach fremden Orten und Kulturen kannte auch Leibniz. Geschätzt 20.000 km Wegstrecke mit 2 bis 4 PS legte er im Laufe seines Lebens zurück. Er war ein umtriebiger Geist. "Die Ruhe ist eine Stufe zur Dummheit. Man muss stets etwas finden, was es zu tun, zu denken, zu entwerfen gilt, wofür man sich interessiert, sei es für die Öffentlichkeit oder den einzelnen" notierte er einst.

Leibniz reiste mit eigenem Pferd und Wagen bis nach Italien, mit der Postkutsche über 38 Mal auf den Harz, setzte mit dem Segelschiff über nach England und glitt auch schon einmal mit dem Reiseschlitten durch den bayrisch-böhmischen Winterwald. Alleine 2 Jahre und 7 ½ Monate dauerte sein Forschungsaufenthalt in Süddeutschland, Österreich und Italien. In Archiven und auf Grabsteinen wies er die Urahnen der Welfen nach, um so für das Haus Hannover die Kurwürde zu erlangen. "Die wahre Befriedigung haben mir die Menschen gebracht nicht die Urkunden" schrieb Leibniz später. Auf seinen Reisen pflegte er gelehrte Kontakte, besuchte Theater und Opern, besichtigte historische Kirchen, Kunst- und Mineraliensammlungen genauso wie Pumpanlagen und Bergwerke, um sich über den Stand der Technik zu informieren. 1689 bestieg er den Vesuv.

Weil das Reisen im 17. Jahrhundert noch sehr unkomfortabel war, machte sich Leibniz Gedanken zu einer verbesserten Federung für Reisekutschen und ließ einen faltbaren, transportablen Reisesessel anfertigen. Anfänglich transportierten Postreiter die Nachrichten über die Ländergrenzen, sie wurden von Postkutschen abgelöst, die erstmals auch Personenbeförderung ermöglichten. Ein Netzwerk aus Umspann- und Relaisstationen alle 15 bis 30 km ermöglichte den Tausch der Pferde, manchmal der Kutsche selbst oder des Postillions (Kutschers).

Leibniz entwarf eine variable Passagier-Kabine mit gewachster Stoffbespannung für Postkutschen, zum schnellen Umsetzen von einem auf den anderen Wagen z.B. beim Spurwechsel: Die tief eingegrabenen Furchen auf den unbefestigten Straßen variierten von Land zu Land durch die unterschiedlichen Kutschenmodelle.

Foto von Leibniz' Reisestuhl Foto von Leibniz' Reisestuhl Foto von Leibniz' Reisestuhl © GWLB Hannover
Leibniz‘ faltbarer "Reisestuhl", ca. 1700

Doch seine ständige Abwesenheit blieb in der Residenzstadt nicht unbemerkt. "Ich muss Ihnen unbedingt meine Freude darüber ausdrücken, Monsieur, dass Sie nicht ins Jenseits hinüber gegangen sind, um dort die Ursprünge des Hauses Braunschweig zu suchen. [...] Denn seit Ihrer Abreise hat man nichts gehört, was uns hätte glauben lassen, Sie sein noch am Leben" schrieb Herzogin Sophie etwas verschnupft, nachdem sich Leibniz über Monate nicht aus Italien gemeldet hatte. Herzog Georg Ludwig verglich seinen Hofhistoriographen auch schon mal mit der "weißen Frau": "Fragt man ihn woher es komme, daß man ihn nicht sieht? So hat er stets zur Entschuldigung, daß er an seinem unsichtbaren Buche arbeitet [die Welfengeschichte] [...]". 1704 und erneut 1711 bekam Leibniz schließlich offiziell Reiseverbot. Bis zur Fertigstellung der Welfengeschichte sollte er am Arbeitsplatz in Hannover verbleiben.

Im 'Homeoffice' pflegte Leibniz die vielen internationale Kontakte, die er auf seinen Reisen geknüpft hatte weiter. Er korrespondierte mit etwa 1.200 Briefpartnern in ganz Europa und darüber hinaus. Seine Forschungsergebnisse verhalfen schließlich den Welfen in Hannover zur Kurwürde. Gänzlich jedoch verzichtete Leibniz nicht auf seine Bewegungsfreiheit; z. B. tauchte er nach einem offiziellen Aufenthalt in Wolfenbüttel in Berlin wieder auf oder er gab vor in Karlsbad zu Kuren und reiste von dort weiter nach Wien. "Der Kurfürst sagt, er wolle in den Zeitungen eine Belohnung für den ausschreiben lassen, der Sie wieder auffinde", schrieb Kurfürstin Sophie 1708 nicht ohne Humor an ihren weltoffenen Gelehrten mit 'Office' in Hannover.

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Dr. Ariane Walsdorf
Referat für Kommunikation und Marketing
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