Mehr Gestaltungsspielraum und Eigenverantwortung
Mit der Novellierung des Hochschulgesetzes im Jahr 2002 ist in Niedersachsen das Stiftungsmodell für Universitäten eingeführt worden. Das bedeutet konkret, dass das Land Niedersachsen nicht mehr direkter Träger einer Hochschule sein muss. Die Trägerschaft übernimmt stattdessen eine eigens gegründete Stiftung, die zwischen Land und Hochschule angesiedelt ist und den Aufgabenbereich des Landes übernimmt. Das Ziel ist, die Hochschulautonomie durch größere Staatsferne, mehr Steuerungskompetenz und mehr Eigenverantwortlichkeit zu stärken. Davon betroffen sind insbesondere die Bereiche Finanzen, Gebäudemanagement und Berufungsmanagement.
Auf einen Blick - die Chancen des Stiftungsmodells
- Größere Autonomie vom Land
- Mehr Gestaltungsfreiheit in vielen Bereichen
- Längerfristige Planungssicherheit in strategischen Fragen
- Dauerhaftes Berufungsrecht
- Eigenständigkeit bei der Schaffung von Professuren inklusive Umwandlung in ihrer Wertigkeit, z. B. von W2 zu W3
- Mehr Entscheidungsmöglichkeiten im Haushaltsbereich
- Keine unterjährigen Haushaltsund Stellenbesetzungssperren durch das Land möglich
- Option, durch Zustiftungen ein Stiftungsvermögen aufzubauen
- Gesetzliche abgesicherte Bauherrenfähigkeit
- die Möglichkeit, die ihr zur Verfügung stehenden Baumittel gezielter, flexibler und zügiger einzusetzen, auch im Sinne der Nachhaltigkeit
Auf einen Blick - die Herausforderungen des Stiftungsmodells
- Übertragung des Eigentums der für den Betrieb der LUH benötigten Grundstücke
- Mehr Eigenverantwortung der Universität für die Gestaltung ihrer Zukunft
Die Stiftung als Arbeitgeberin und Dienstherrin
Die Stiftung übernimmt vom Land die Rolle der Arbeitgeberin und bekommt die Dienstherreneigenschaft. Was bedeutet das für die Beschäftigten? Das Niedersächsische Hochschulgesetz legt fest, dass die für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Landes geltenden Tarifverträge und sonstigen Bestimmungen auch für die Beschäftigten der Stiftung gelten. Ansprüche auf die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung sind bei Wechsel in die Trägerschaft einer Stiftung ebenfalls gesichert. Die Stiftung ist verpflichtet, einem vom Land geführten Arbeitgeberverband, der Mitglied in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder ist, beizutreten. Weil die Stiftung dienstherrenfähig ist, werden Beamtinnen und Beamte zu mittelbaren Landesbeamten. Zwischen den Gewerkschaften und der Niedersächsischen Landesregierung wurde vereinbart, dass die Stiftungshochschulen betriebsbedingte Kündigungen in ihrer Errichtungsverordnung ausschließen.
Wechseln Beschäftigte von der Stiftung zurück in den unmittelbaren Landesdienst, werden die bei der Stiftung verbrachten Zeiten so angerechnet, als wären sie beim Land zurückgelegt. Die Beschäftigten der Stiftungen haben die gleichen Teilnahmemöglichkeiten an den Aus- und Fortbildungsangeboten des Landes und seiner Einrichtungen. Weil die mitgliedschaftliche Struktur der Hochschule bewahrt bleibt, bleiben auch die traditionellen Mitwirkungsrechte ihrer Mitglieder und somit auch der Beschäftigten erhalten. Zur Verwaltung der Stiftung ist zusätzliches Personal erforderlich. Je nach ihrer Größe haben die bereits bestehenden Stiftungshochschulen in Niedersachsen eine oder wenige Personen eingestellt, die neue Aufgaben, zum Beispiel im Finanz- und Liegenschaftsmanagement, oder die Betreuung des Stiftungsrats, ehemals Hochschulrat, übernehmen.
Stiftungsrat übernimmt weitreichende Aufgaben
Anstelle des Hochschulrats wird beim Stiftungsmodell der so genannte Stiftungsrat eingesetzt. Der Stiftungsrat setzt sich - wie zuvor der Hochschulrat - aus fünf mit dem Hochschulwesen vertrauten, der Hochschule nicht angehörenden Personen, die vom MWK im Einvernehmen mit dem Senat bestellt werden, sowie einem vom Senat gewählten Hochschulmitglied und einer Vertreterin oder einem Vertreter des Fachministeriums zusammen. Die Aufgaben und Entscheidungsbefugnisse des Stiftungsrates sind deutlich weitreichender als die des Hochschulrates, der lediglich Stellungnahmen abgeben darf. So ernennt bzw. bestellt und entlässt der Stiftungsrat im Einvernehmen mit dem Senat beispielsweise die Mitglieder des Präsidiums der Hochschule und stellt den Jahresabschluss sowie die Entlastung des Präsidiums der Stiftung fest.
Dabei hat der Senat dauerhaft ausschlaggebenden Einfluss auf die personelle Zusammensetzung des Stiftungsrates und des Präsidiums Dies gilt sowohl für die Bestellung bzw. Wahl als auch für die Abberufung bzw. Abwahl. Damit steigt die Kontrollfunktion des Senats.
Ein Stiftungsrat entscheidet zudem über Veränderungen und Belastungen des Grundstockvermögens, über die Aufnahme von Krediten und über den Entwicklungsplan. Gleichzeitig übernimmt er die Rechtsaufsicht über die Hochschule, einschließlich des Präsidiums.
Eine Stiftung ruht auf drei Säulen
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Gebäude und Liegenschaften
Die Stiftung wird Eigentümerin der Grundstücke und der Liegenschaften. Sie ist außerdem bauherrenfähig und hat dadurch die Möglichkeit, die ihr zur Verfügung stehenden Baumittel gezielter, flexibler und zügiger einzusetzen. Die Bauherrenfähigkeit ist der Leibniz Universität Hannover bereits jetzt durch Erlass der zuständigen Ministerien gewährt, sie wäre dann aber gesetzlich abgesichert auf die Stiftung übertragen.
Im Stiftungsmodell kann die Universität den Verkauf, die Vermietung und Verpachtung sowie die Reinvestition in verbesserungsbedürftige Gebäude deutlich erleichtert vorsehen und durchführen. Im Fall von Anmietungen sind keine Wertgrenzen gegeben, die Stiftung hat somit bessere Reaktionsmöglichkeiten bei Raumknappheit.
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Berufungsrecht und Dienstherrenfähigkeit
Die Dienstherrenfähigkeit befugt die Stiftung unter anderem innerhalb ihres Vergaberahmens, eigenständig Professorinnen- und Professorenstellen zu schaffen. Auch die Wertigkeit einer Professur kann der Stiftungsrat umwandeln, beispielsweise von W2 nach W3. Darüber hinaus dürfen Denominationen eigenständig festgelegt und Freigaben erteilt werden.
Damit gewinnt die Universität erheblich an Flexibilität, insbesondere für die Entwicklung ihrer wissenschaftlichen Ausrichtung, aber auch in ihrer Reputation als Arbeitgeberin insgesamt.
Die Universität verfügt zwar bereits über das Berufungsrecht, was bedeutet, dass sie den Ruf auf Professuren selbst erteilen und zügigere Verfahren realisieren kann. Dieses Recht ist ihr jedoch nur auf Zeit übertragen. Das MWK kann es jeweils nach Ablauf von drei Jahren wieder verwehren. Den Stiftungshochschulen ist das Berufungsrecht jedoch zeitlich unbegrenzt übertragen. Dies gestattet einer Universität, längerfristig zu planen und strategisch langfristig zu denken. Die Stiftung wird Arbeitgeberin der Beschäftigten der Hochschule. Das NHG legt fest, dass die für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Landes geltenden Tarifverträge und sonstigen Bestimmungen auch für die Beschäftigten der Stiftung gelten. Ansprüche auf die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung sind bei Wechsel in die Trägerschaft einer Stiftung ebenfalls gesichert.
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Finanzen
Hinter der Finanzierung steht weiterhin das Land Niedersachsen, da dieses zur Unterhaltung seiner Hochschulen schon verfassungsrechtlich verpflichtet ist. Daher weist das Land die jährlichen Finanzmittel der Stiftung zur Erfüllung der Aufgaben der Hochschule zu.
Wichtiger Pluspunkt: Die Stiftung und damit die Universität hat mehr Freiheiten im Haushaltsbereich. Beispielsweise sind keine unterjährigen Eingriffe des Finanzministeriums, z. B. auf dem Weg der Haushalts- oder Stellenbesetzungssperre möglich. Rücklagen, die sie nach drei Jahren nicht verbraucht hat, kann sie in das Stiftungsvermögen überführen.
Durch Zustiftungen von privater Seite kann die Universität langfristig an finanzieller Eigenständigkeit gewinnen und ein Stiftungsvermögen aufbauen. Dies wird insbesondere dann zum Tragen kommen, wenn die Zinsen wieder steigen.
Das Stiftungsmodell hat sich bewährt
Die Universitäten in Göttingen, Hildesheim und Lüneburg sowie die Tierärztliche Hochschule Hannover und die Hochschule Osnabrück haben den Weg der Stiftungswerdung bereits seit längerem gewählt. Nach zehnjähriger Erfahrung mit dem Stiftungsmodell haben sie auf einem gemeinsamen Symposium 2013 positive Bilanz gezogen. Auch die Wissenschaftliche Kommission Niedersachsen (WKN) befürwortet das Modell. In einer 2019 veröffentlichten Evaluation urteilt die WKN, "dass sich das Modell der Stiftungshochschulen in Niedersachsen sehr bewährt" habe. Sie ermuntert "die Universitäten und Hochschulen in Niedersachsen, die sich weiterhin in staatlicher Trägerschaft befinden, zu prüfen, ob sie sich ebenfalls in die Trägerschaft einer Stiftung begeben wollen."