Seit einigen Jahren wird in den Medien wie im Universitätsbetrieb das Gespenst einer ‚Cancel Culture‘ beschworen: angeblich herrschen Denk- und Sprechverbote. Als Cancelnde werden vornehmliche junge, linke, minoritäre und weibliche – kurz: ‚woke‘ – Akteure ausgemacht.
Aus Sicht der Zensurforschung ist die Klage über ein neues Zeitalter der Zensur jedoch ein alter Hut: Es handelt sich bei diesem Narrativ um eine Fortsetzung der Debatte um ‚Political Correctness‘ aus den 1990er Jahren unter veränderten medialen Bedingungen. Sie kann als Verteidigungshaltung spezifischer, im Zeitalter der Vielstimmigkeit von Social Media unter Druck geratener gesellschaftlicher Eliten erklärt werden. Dass deren Klage, angeblich nichts mehr sagen zu dürfen, durchaus sehr laut geäußert wird, zeigt, dass es hier weniger um ein Nichtsprechenkönnen als um ein privilegiertes Nichthörenwollen in einer Gesellschaft der Vielen geht.
Freie Rede und Cancel Culture
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Mehr zum Thema Zensurforschung, Political Correctness, Cancel Culture und zum Arbeitsbereich Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Komparatistik:
- Gespräch mit Prof. Dr. Matthias Lorenz und der Zensurforscherin Prof. Dr. Nikola Roßbach zum Thema ‚Cancel Culture‘
- Studieneinführung von Matthias Lorenz „Literatur und Zensur in der Demokratie“, u.a. zum Thema ‚Political Correctness‘ (Open Access Publikation)
- Informationen zum von Prof. Dr. Matthias Lorenz vertretenen Arbeitsbereich Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Komparatistik
Beteiligter Forscher
Am Deutschen Seminar forscht Prof. Dr. Matthias Lorenz, Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Komparatistik, zu sozialen und politischen Wirkungszusammenhängen der Literatur des 19. bis 21. Jahrhunderts. Zu seinen Schwerpunkten zählen unter anderem die Zensur- und Antisemitismusforschung.
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