Seit einigen Jahren wird, vor allem in den Medien und auch im Universitätsbetrieb, das Gespenst einer „Cancel Culture“ beschworen. Die Aussage, „dass man ja nichts mehr sagen darf“, ist jedoch nicht neu, sondern ein Dauerbrenner in der Multikulturalismusdebatte. Vor 30 Jahren hieß das entsprechende Stigmawort „Political Correctness“. Der Referent zeigt auf, warum fehl liegt, wer unterstellt, heute herrsche eine Zensur wie in autokratischen Systemen oder vordemokratischen Zeiten – wie unter anderem der 2020 gegründete Verein „Netzwerk Wissenschaftsfreiheit“. Der Vortrag zeichnet aus der Perspektive der Zensurforschung die Diskursgeschichte der aktuellen medialen Panik um „Cancel Culture“ nach und versucht, diese Aufregung als identitätspolitische Verteidigungshaltung einer unter Druck geratenen Gruppe zu erklären. Dazu erweitert der Referent den Blick auf das Mutterland dieser Diskurse, die USA.
Referent
Prof. Dr. Matthias Lorenz ist Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Komparatistik an der Philosophischen Fakultät der LUH. Zu seinen Schwerpunkten in Forschung und Lehre zählen Literatur und Politik im 20. und 21. Jahrhundert mit einem Fokus auf Antisemitismus- und Zensurforschung ebenso wie Erinnerungskultur und Literatur als Medium kollektiver Gedächtnisbildung.
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