Wie entscheidet man sich, wenn die Gründe fehlen? Aristoteles (384 - 322 v. u. Z.) vertrat noch eine deterministische Auffassung: Wenn Entscheidungen rein rational getroffen werden und keine Unterschiede zwischen den Alternativen bestehen, scheint der freie Wille blockiert. Im Gleichnis: Der Esel würde verhungern, weil er unfähig ist, eine Entscheidung zu treffen.
Leibniz verwendete das Gleichnis in seiner „Theodizee“. Nach Leibniz werde sich der Esel immer entscheiden und verhungere nicht, auch wenn er die Gründe für diese Entscheidung selbst nicht nachvollziehen kann. Rationalität führe stets zu Finalität, so Leibniz. Eine verstandesmäßig erfassbare Differenz müsse rein naturgesetzlich schon deshalb vorliegen, da sich das Weltganze kaum „durch eine mitten durch den Esel gelegte vertikale Ebene in zwei Hälften“ zerteilen lasse. Bereits die inneren Organe des Tieres seien ja asymmetrisch angeordnet.
„Es wird also immer, wenn wir auch nichts davon merken, vieles innerhalb und außerhalb des Esels geben, was ihn bewegt, lieber auf die eine als auf die andere Seite zu gehen. […] Dieser Grund mag freilich meistes sehr zusammengesetzt und uns selbst nicht verständlich sein; denn die Verkettung der untereinander verbundenen Ursachen geht sehr weit.“ G. W. Leibniz, Theodizee, S. 122.
Die freie Willensentscheidung wird hiernach von so vielen Faktoren („Perzeptionen“) – innerhalb und außerhalb des Esels – beeinflusst, dass die Gleichheit in der Welt der geltenden Naturgesetze und komplexen Systeme nicht gegeben ist. Wie frei ist also der Wille und was beeinflusst/determiniert ihn? Eine Debatte, die in unterschiedlichen Forschungsdisziplinen bis heute andauert.
1 Obwohl das Gleichnis nach dem französischen Philosophen Jean Buridan benannt ist, ist es unklar, ob er es tatsächlich selbst verwendete. In seinen Schriften finden sich ähnliche Beispiele mit einem Wanderer an einer Weggabelung oder einem Hund zwischen zwei Futterquellen.
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