Wohnt der Präsident der Leibniz Universität, Prof. Dr. Volker Epping, eigentlich im großen Turm, oder hat er hier vielleicht sein Büro? Dies sind zwei der beliebtesten und oft gestellten Fragen zum Welfenschloss. So sind doch seit dem Mittelalter Turmzimmer immer begehrte Lagen, und auch für Panoramasuiten in Hotels bekanntlich gern genommen. Nun ja, es gäbe einen Fahrstuhl (Baujahr 1940), ein eigenes Handwaschbecken, eine Arbeitsplatzbeleuchtung im angesagten Vintagestil und viel Ruhe zum ungestörten Arbeiten – von der guten Aussicht ganz abgesehen. Zugegeben, es müsste wieder einmal durchgefeudelt werden, und die Fenster sind etwas zugig. Heute geltende bauliche Vorschriften kommen leider hinzu. Wohl deswegen kann das Turmzimmer trotz exponierter Lage so nicht genutzt werden.
Wegen ihrer Höhe ziehen Türme insbesondere die Funktechnik an. Daher stationierten die Alliierten nach dem 2. Weltkrieg ihre Radaranlage auf dem Hauptturm und das Pult mit dem Radarsichtgerät im Zimmer unter dem Plateau. Später in den 1990er Jahren wurde der Versand von kurzen Textnachrichten über Funkruf auch als Paging bekannt – nicht nur bei Fernsehärzten populär. Unter dem Begriff „Personensuchanlagentechnik“ wurde diese innovative Technologie auch an der Universität im hochgelegenen Turm eingebaut und vom Team der Telekommunikation betreut. Laut der zeitgenössischen Gebrauchsanweisung eines erhaltenen Pagers kann der Clip des Gerätes zum Beispiel „an der Hemdtasche befestigt werden“. Das Einsatzszenario an einer Damenbluse war wohl noch eher selten. Heute wartet das Turmzimmer noch auf eine innovative neue Nutzung und befindet sich bis auf Weiteres im Dornröschenschlaf.
(Text: Dr. Ariane Walsdorf)